T wie Texte

Text zur Installation Es geht uns gut im Georgengarten Hannover

In einer langen Reihe begeben sich Stühle augenscheinlich entschlossen auf eine riesige Eiche zu. Kurz vor dem Ziel dann das Chaos, die Bewegung stoppt zeitweise, erst nach und nach gelangen die Stühle in den Baum, immer weiter nach oben, bis sie in den Ästen ihr Ziel erreicht haben. Es geht uns gut! ist zweifelsohne eine narrative Arbeit. In der Erzählung werden die Stühle zu unseren Protagonisten, kein Stuhl ist wie der andere und doch ähneln sie sich. In ihrer Singularität werden die Stühle gleichsam zu unseren Stellvertretern. Überhaupt nehmen Stühle eine wichtige Rolle in unserem Leben ein, auf ihnen sitzt man gesellig beisammen, man entwickelt sitzend Ideen, man arbeitet sitzend. Selbst am Ausstellungsort, dem Park, sind die Stühle keine Fremdkörper, finden doch zahlreiche kulturelle Ereignisse dort statt, denen wir, auf Stühlen sitzend, beiwohnen. Den Stühlen geht es gut, also: uns geht es gut. Warum dann aber die Bewegung auf den Baum, die einer Flucht, einem Verstecken oder einem Zurück entspricht? Der Titel von Tom Ottos Arbeit lässt sich durchaus als Gegenwartsbezug verstehen und damit als kritisch und provokativ lesen.


Text zur Installation Die ersten ihrer Art Kaliberg Empelde

Die Silhouette eines Doppeldeckerbusses samt angehängtem Wohnwagen zeichnet sich schon von weitem präzise ab. Der Anblick der Fahrzeuge geht unwillkürlich mit der Frage einher, wie diese auf den Berg gelangt sein mögen. Ein Blick ins Innere zumindest gibt Aufschluss, wer sich hierher begeben hat: es sind zahlreiche Tiere, darunter ein Hase, eine Eule, ein Reh, ein Frosch, ein Pinguin, ein Reiher, ein Auerhahn. Sie sind teils ausgestopft. teils nur noch Skelett. teils vorgefundene Dekorationsobjekte und teils skulpturale Werke. Diese Verschiedenheit aber ist für die Installation Die Ersten ihrer Art nicht wirklich relevant. Denn sie ist vor allem die Erzählung einer fiktiven Reise. Vor langer Zeit haben sich die Tiere auf den Weg gemacht, einen Ort zu finden, an dem sie sicher sind vor den Auswirkungen ökologischer Veränderungen. Auf dem Berg scheinen sie angekommen zu sein, von ihm aus blicken sie in die Zukunft. Tom Otto lässt die Geschichte - seine 'allegorische Reise' – weit in der Vergangenheit beginnen, davon zeugen die einige Jahrzehnte alten Fahrzeuge. So erhält ein Moment besonderen Nachdruck: der Beweggrund für die Fahrt. der durch den klimatischen Wandel auf der Erde gegeben ist. Otto aber inszeniert dies nicht moralisch anklagend. Im Gegenteil. viel eher schon wie eine Fabel, die uns eine längst bekannte Wahrheit auch auf spielerisch leichte Art und Weise aufzeigt. Daneben ist Die Ersten ihrer Art eine Ausstellung in der Ausstellung, mit zahlreichen Exponaten, den Tieren wie ihrem Hab und Gut, die in Bus und Wohnwagen wie in einer begehbaren Vitrine präsentiert sind.


Kristin Schrader, 2009